Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Haben sich die Zentral-/ Altverbände nun entschlossen, für alle in der Archäologie arbeitenden Menschen einzutreten und deren Arbeitsbedingungen und Verdienste so zu verbessern, dass Sie jetzt und auch in Zukunft davon leben können???
Sind die oben schon genannten Verbände dazu Willens und in der Lage???
Seit mehr als 2 Jahrzehnten geht es mit der Archäologie abwärts und jetzt, wo ein relativ "junger" Verein rebelliert, melden sich, heben den Finger und sagen sinngemäß: "So geht das aber nicht!"
Es ist ein uraltes Prinzip der Menschheit, dass, wenn alte Strukturen nicht mehr richtig funktionieren und das tun sie meiner Meinung nach nicht, sonst wäre die Archäologie nicht in einem solch desolaten Zustand, nennen wir es ruhig beim Namen revolutionäre Veränderungen stattfinden.
Ein Berufsverband als Interessensvertretung für alle in der Archäologie beschäftigten wäre eine solche revolutionäre Veränderung, den das gab es noch nie. Es gab immer nur die Grüppchenbildungen, studierte Archäologen für sich, Grabungstechniker für sich und jeder versucht im kleinen etwas für sich zu erreichen. Kann manchmal funktionieren, muss aber nicht
zum Schluss nochmal Klartext! Ich halte die Altverbände nicht für überholt. Aber ich halte sie für die Veränderungen, die hier gerade diskutiert werden, für ungeeignet, da sie durch ihre starren Strukturen und ihre innere Selbstzufriedenheit den Blick vor die eigene Haustür nicht mehr für nötig halten.
Lieber Herr Prill,
wenn Sie diese Fragen meinen, dann darf ich sagen, dass ich persönlich die Entwicklung mit Sorge beobachte, gleichzeitig dort, wo ich Verantwortung für etwa 60 Angestellte in unserem Museum habe, einer nichtstaatlichen Organisation, dafür gegenüber unserem Arbeitgeber stehe, dass tariflich und übertariflich gezahlt wird.
Als Mitglied mehrerer Verbände bin ich als Vertreter eines Museumsvereins, stellvertretenden Vorsitzer des WSVA. Dort werden diese Dinge angesprochen, wenn ein Mitglied uns Mißstände mitteilt und wir versuchen diese Dinge weiter zutragen, etwa in den DVA, um Lösungen anzuregen. Deswegen findet zum Beispiel Anfang Juli auf der nächsten Tagung hierzu ein Rundtischgespräch mit Medienbeteiligung statt. Es ist jedoch so, dass wir keinen direkten Einfluss auf die Entwicklung der Personalpolitik in einem Länderministerium oder in eine Kantonalverwaltung haben, das etwa eine Universität, ein Museum oder einen Arbeitgeber im Bereich der Denkmalpflege steuert oder hier weisungsberechtigt ist. Dort wird sehr viel Wert auf die Autonomie und die eigene Hoheit gelegt und diese Systeme lassen sich nicht einfach revolutionär verändern. Wenn man sich einmischt und darauf hinweist, etwa in persönlichen Gesprächen mit Referenten oder politisch Verantwortlichen, dann bekommt man ziemlich schnell mitgeteilt, dass man dies als illegitime Einmischung betrachtet und man erreicht leider eher das Gegenteil. Sie überschätzen die "alten Strukturen" der Verbände. Sie sind keine Gewerkschaft und haben keine Druckmittel. Verbände sind keine Arbeitgeber. Sie sind eine Interessenvertretung, die so stark ist wie ihre Mitglieder und deren Netzwerke....
Es tröstet Sie vielleicht wenig, aber die aktuell schwierige Situation bei den Grabungsarbeitern ist nicht nur ein archäologisches Problem. Viele andere Berufsfelder leiden in ählicher Weise. Alle Geisteswissenschaften kennen dieses Problem. Und die Museen bieten oft solchen Mesnchen dann eine Beschäftigung.
Das Thema läuft nicht nur hier im Forum. Es wird sicher, weil alle an einer positiven Lösung interessiert sind, weiter besprochen und höffentlich auch zu einem guten Ende geführt werden. Aber noch einmal, ein Verband kann hier mit der Brechstange oder mit Druck nichts ausrichten. Das ist meine persönliche Meinung.
Grüße
G.Schöbel